Hans ist 68, es geht ihm gut. Oder: „Passt eh!“, wie der beste Wirt des Landes gerne sagt, während er seine Gäste bedient. Das macht er seit nunmehr 42 Jahren, Knödel waren und sind seine Spezialität.
Früher, wenn „Sommergäste“ kamen, fragte er sie gerne, ob sie reserviert hätten. Wenn nicht, nagelte er ihnen schon mal die Eingangstüre vor der Nase zu, obwohl das ganze Wirtshaus leer war. In seinen besten Zeiten fuhr er mit dem Mofa durch die Gaststube und servierte die Knödel in knapper Badehose, Cowboystiefeln und Cowboyhut. Wenn ein Deutscher ein „Kleines Bier“ bestellte, servierte er es im Schnapsglas. „Paßt eh!“
Feine Herrschaften kamen aber auch zu ihm: Die Primare aus dem nahe gelegen Landeskrankenhaus „sind auf ein Beuschel zu mir gekommen, bevor sie zur Moarbichler Cilli gefahren sind um ein Schwarzes Pflaster“. Das war die Wunderheilerin damals, und alle holten sich Rat bei ihr, auch die Primare, „und auch die Holzknechte.“
1976 erkrankte sein Vater, „ein 13er Jahrgang“, der bis dahin das „Gasthaus zur Gemse“ geführt hatte, oder „Die Gams“, wie wir alle dazu sagen. 1977 starb er, und Hans erinnert sich: „Drei Wochen, drei Wirte!“ Innerhalb von drei Wochen starben nämlich damals drei Wirte im Ort: „Zuerst der Papa am 20. März, dann der Kemmetmüller am 30. März, und am 10. April hat sich der Stoaner-Wirt hinten in Vorderstoder aufgehängt.“ Manchmal paßt es halt nicht.
Bevor er zurück kam in den kleinen Ort im engen Tal, war er draußen in der weiten Welt, von Juni 75 bis Mai 76 in Amerika, Las Vegas war seine letzte Station, „Der Pate“ sein Vorbild. Er trat im Ort, in dem alle Tracht zum Kirchgang trugen, mit tailliertem, zweireihigem Nadelstreif, weißen Schuhen und schwarzem Stetson auf, so einer war natürlich Außenseiter. Heute geht er selbst einmal pro Monat in die Kirche zur Anbetung, mit dem Pfarrer ist er „per Sie“. Hans bot ihm an, dass er jederzeit zu ihm kommen kann, wenn er einmal nicht mehr weiter weiß.
Neulich fragte ihn einer, warum er kein Buch über sein bewegtes Leben schreibe, Stoff hätte er doch genug? Er fragte zurück: „Kennst du den Heinrich Harrer? Der hat ‚Sieben Jahre in Tibet’ geschrieben.“
„Und?“
„Ich schreibe ‚Eine Woche in der Gams’.“