Dunja ist 72, es geht ihr gut. Jeden Tag kommt die Regisseurin mit ihrem Hund Uranos, den sie „Uri“ nennt, an meinem Büro vorbei, sie wohnt im gleichen Haus. Uranos war immerhin Vater der Titanen, aber ihr Uri wird in diese Richtung nichts mehr schaffen, der kleine Foxterrier ist kastriert.
Dunja ist gebürtig aus Zagreb, wo sie gerade wieder drei Tage unterrichtet hat, mit dem Flixbus fuhr sie hin und zurück. Sie war 40, als sie nach Wien kam, zuvor studierte sie auf der Harvard in Amerika, anschließend war sie neun Monate lang in Berlin auf der Komischen Oper, wo sie bei Harry Kupfer hospitierte. Nachdem sie 1986 dessen „La Bohème“-Inszenierung auf der Wiener Volksoper sah, musste sie „einfach sehen, wie der arbeitet.“ Im gleichen Jahr bekam sie den Ersten Preis der Stadt Jerusalem für eine Inszenierung, in Zagreb war sie 1984 die erste Frau, die am Nationaltheater eine Oper inszenierte, es war die Cavalleria Rusticana. Dunja war auch die erste Frau, die in Kroatien Regie studierte. „In Jugoslawien hatten wir die Illusion, dass sich alle verstehen“, sagt sie traurig. Sie hat nie sich vorstellen können, dass es zu einem Krieg kommen würde.
Heute unterrichtet sie an der Schauspielschule Elfriede Ott und im Team 4, wo sie mit arbeitslosen Schauspielern arbeitet. Zuhause betreibt sie ein Studio, in dem sie Film- und Theaterschauspiel unterrichtet. Sie war 2000 in Hollywood und machte bei Jeremiah Comey ihre Ausbildung zum Filmcoach. An Schauspieltechniken lehrt sie die Sanford Meisner-Methode und die von Micha Chekhov. Unlängst nahm sie an einer „Micha-Konferenz“ am Connecticut-College in New London teil. Dort freute sie sich über Kollegen, „die Meinungen austauschten und keinen Wettbewerb betrieben.“
„Meisner heißt Arbeiten mit dem Partner“, sagt sie. Schauspielerin Martina Gedeck erklärte neulich in der ZEIT, dass Schauspielkollege Daniel Day-Lewis nie mit seinem Partner spiele, sondern immer nur für sich. „Ja, schrecklich!“, findet auch Dunja, die Day-Lewis trotzdem für den größten Schauspieler unserer Tage hält. „Es geht ums Zuhören beim Schauspielen!“, sagt sie abschließend, so wie im wirklichen Leben auch. „Wir hören einfach nicht mehr zu, jeder denkt nur an sich.“
Entschuldigung die Cavalleria hat 1984 in Zagreb Giancarlo Del Monaco inszeniert. Mein Mann Miro Belamaric hat sie dirigiert. Vielleicht war Dunja ja Regieassistentin, aber sicher nicht die Regisseurin. Tut leid!
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