Muammer ist 29, es geht ihm gut. Ich treffe ihn am Grätzelfest im 15. Bezirk, lange Jahre war das der Problembär unter den Wiener Bezirken. Hier leben Menschen aus weit über 100 Nationen relativ friedlich zusammen, sagt der Bezirksvorsteherstellvertreter zur Eröffnung, und es gibt über 80 nationale Kulturvereine, in denen sie sich organisieren, so soll es sein.
Heute ist das Grätzelfest Bühne für einen, der die Zuseher richtig glücklich machen kann: Muammer hat sich vor das Mikrofon gestellt und eröffnet das fröhliche Treiben, zusammen mit seinen Bandkollegen aus der Integrationsarbeit. Er legt sein Heft mit den Liedtexten auf den Notenständer, und dann geht es los. Muammer singt:
„Ich bin nach Paris geflogen
Dort hab ich eine schöne Frau kennengelernt
Sie war meine erste Liebe
Sie war meine letzte Liebe“
Und dann nennt er uns ihren Namen:
„Ach Natascha, ach Natascha
Du warst meine erste Liebe
Ach Natascha, ach Natascha
Du warst meine letzte Liebe“
Und dann singt er weiter:
“Ohne die Träume kann man nicht leben
Ohne die Träume kann man nicht spüren
Ich hab schon mal sehr viel geliebt
Ich hab schon mal sehr viel geträumt“
Als er fertig ist, weinen nicht wenige, weil das Lied so schön ist, und keiner kann mehr aufhören, „Ach Natascha“ zu singen: „Ach Natascha, Ach Natascha….“
Dann singt Muammar noch weitere drei Lieder, eines davon über das Internet:
„16 Stunden Tag und Nacht Internet
Ich kann es nicht fassen, so lange Internet
Ich trinke nicht esse nicht wegen dir
Tag und Nacht Internet
Ich kann es nicht fassen so lange Internet
Ich esse nicht trinke nicht“
Und dann im Refrain:
„Internet Internet narrisches Internet
Internet Internet verrücktes Internet
Internet Internet ich liebe dich Internet“
Als ich ihn nach dem Konzert frage, ob es diese Natascha wirklich gibt, sagt er: „Egal. Natascha ist Natascha.“ An dem Lied hat er jedenfalls sechs Monate geschrieben, für andere Lieder brauchte er zwei Jahre, wieder andere schrieb er in drei Monaten. Sie alle sammelt er in seinem Heft, das er mir zeigt, insgesamt sind es 38, auf 50 möchte er kommen. Ein weiteres heißt: „Der narrische Vater“. Ich frage ihn, ob „Narrisch“ eines seiner Lieblingswörter ist, und er sagt: „Kann sein.“
Ob er von einer Karriere träumt?
„Jeder hat Träume“, sagt er , denn:
„Ohne die Träume kann man nicht leben.“
Ach Muammer, ach Muammer
Was für ein schönes Konzert!