Christian (links) ist 31, es geht ihm gut. Die Sonne scheint an diesem Samstagmittag, als er und sein Freund Roman den 100 Jahre alten Lift aus meinem Wohnhaus räumen. „2012 gab es eine Gesetzesänderung“, erzählt er, wonach solch alte Lifte außer Betrieb genommen werden müssen. „Dann stehen sie oft jahrelang still, während die Eigentümer sich streiten, ob sie renovieren sollen oder nicht.“ Meistens kommt die Renovierung zu teuer.
Im Winter durfte Christian diesen Aufzug noch einmal fahren, er genoss „das original Fahrgefühl, die Drucktasten, die geätzten Glasfenster, die Sitzbank mit Fransen.“ Und ein Steuermodul, das aus Messingstiften bestand. Diese drückte man hinten bei der Kabine hinaus, und im Zielstockwerk sorgte ein Holzschleifbügel dafür, dass der Stift wieder zurückgedrückt wurde – „Schubknopftsteuerung“ nannte man das. Heute ist das nicht mehr erlaubt, weil alles elektronisch überwacht werden muss, außerdem gäbe es Vorgaben wie „Sanftanfahrt“ und „Sanftstopp“.
Übrigens heißt es Aufzug, weil man früher nur „hinauf“ fahren konnte. Und frühere Modelle mussten vom Portier gesteuert werden, denn die Leute hatten lange Zeit Angst, alleine zu fahren, oder konnten nicht damit umgehen. Hochwertige Materialien wie Mahagoni-Furniere sollten dem gehobenen Bürgertum entsprechen und Anreiz zur Benützung schaffen, die Kabinen waren ausgeschmückt wie ein kleiner Salon.
Christian trägt ein Latzhose und Schirmmütze, weil er sich generell für die alten Zeiten begeistert. Er ist in der Swingtanzszene aktiv und liebt die Musik der 30er Jahre. Ob er beim Tanzen schon einmal eine Dame für sich begeistern konnte, weil er sich für alte Lifte interessiert, so in der Art: „Gemma dann zu dir oder zu mir Aufzug fahr’n?“
„Das leider nicht!“, lacht er.