Cordula

Cordula

Cordula ist 56, es geht ihr gut. Ich treffe sie im Gartenbaukino während der VIENNALE, als wir uns beide den Film „L´empire de la perfection“ anschauen, eine Dokumentation über den Tennisspieler John McEnroe, der 1984 ein legendäres Finale bei den French Open gegen Ivan Lendl spielte, er war 25, Lendl ein Jahr jünger. Die ersten beiden Sätze hatte der Heißsporn aus New York souverän gewonnen, im dritten führte er klar. Aber dann riss bei ihm der Faden, als Lendl zum Schiedsrichter ging und ihn wütend fragte: „Are you afraid of this guy?“

Plötzlich regte sich „this guy“ über jeden Fotografen auf, verjagte sie aus ihren Unterständen, ließ bei jedem Ball den Linienrichter kommen und schrie ihn an: „There is no mark!“ Er brachte keinen Volley mehr ins Feld, und irgendwann hatte man das Gefühl, jetzt fängt er gleich an zu weinen. Lendl gewann den fünften Satz mit 7:5, und McEnroe schlug dann beinahe noch mit seinem Racket ein paar Fotografen zu Brei. Angeblich soll er mal zu seiner Mutter gesagt haben: „Jetzt habe ich das College absolviert und ein paar Tennisturniere gewonnen, darf ich nun endlich mein eigenes Leben führen?“

Cordula liebte diesen Film, und ich auch. Sie spielte früher selbst Tennis, als 8- oder 9jähriges Mädchen mit einem Holzschläger von Dunlop, natürlich noch mit Darmsaiten bespannt, und sowohl Rück- als auch Vorhand schlug sie einhändig, wie sich das damals gehörte. Der ungarische Tennislehrer war „zutiefst gelangweilt, als er mir die Bälle zuwerfen musste.“ Ihre Mutter spielt heute noch sehr gut, aber Cordula interessierte sich bald mehr für die Tennismode: „Die weißen Socken mit den drei Streifen!“ Dabei spielte McEnroe sein Leben lang in Sergio Tacchini.

Ein Jahr nach diesem Finale schenkte Cordula ihrem Sohn das Leben, wenig später zog sie nach New York, wo McEnroe noch immer lebt. Getroffen haben sie sich nie, auch nicht in der Concorde, mit der sie einmal von Paris nach New York flog: „Ich war die einzige Frau auf diesem Flug, sonst sah ich nur Männer in Anzügen. Es war ziemlich eng, mehr so wie in einem Zug, aber großartig. Es ging rauf und gleich wieder runter, als würde man hüpfen. Es gab Champagner, und jeder bekam einen Flachmann, den man sich immer nachfüllen lassen konnte.“

Den Flachmann hat sie heute noch.

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